Im neuen Anfang gelassen und heiter bleiben

Liebe Mitglieder unserer Gottesdienstgemeinde,
liebe Besucherinnen und Besucher unserer Kirche,

das neue Jahr liegt vor aus ausgebreitet wie ein leeres Blatt Papier, das es nun gilt zu füllen. Das Neue verheißt etwas, das das Alte nicht bieten konnte. Das Alte gehört nun unserer Erinnerung und wir wissen nun, dass es Fragment, Bruchstück geblieben ist. Es ist Geschichte geworden, die niemand mehr ändern kann. Es hat aber überall Spuren hinterlassen.

Diese Zukunft ist nun verheißungsvoll: keine Fragmente, vielleicht Glück. Das Neue ist aber auch Ungewissheit, Neuland, terra incognita. Dem können wir nur mit Hoffnung und Gelassenheit begegnen. Das neue Jahr wird gefüllt sein wie das alte. Keiner kann sagen womit. Das Neue darf uns nicht schrecken. Hermann Hesse bringt das in seinem Gedicht „Stufen“ auf den Punkt:

„Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“

In das neue Jahr sollen uns begleiten: die Hoffnung, die Pläne, die uns aus dem Zauber des Anfangs entgegenwachsen. Hesse macht Mut, gelassen in das neue Jahr zu schreiten:

„Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen,
der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns Stuf ‘ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.“

Die Heiterkeit und Gelassenheit, von Raum zu Raum zu schreiten und nicht an dem Gewohnten hängen zu bleiben ist die Voraussetzung, vom Ende her auf Gelungenes zu schauen.
Vielleicht wäre das ein guter Vorsatz für das neue Jahr 2024.

P. Ralf Sagner OP